Brief des CEO
Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,
mit Freude und Elan habe ich am 1. Juli als CEO die Verantwortung für die Erste Group übernommen. Es ist ein Privileg eine Bank mit einem bewährten Geschäftsmodell und einer starken strategischen Ausrichtung zu führen. Die Erste Group fokussiert sich auf die finanziellen Bedürfnisse und Anliegen ihrer Privatkundinnen und Privatkunden sowie Firmenkunden, die Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen, die einen Mehrwert bringen, und nicht zuletzt auf adäquate Beratung, sei es traditionell in Filialen oder verstärkt digital. Wir glauben an die Menschen, an die Unternehmen und an unsere Region Zentral- und Osteuropa. Seit der Gründung vor über 200 Jahren ist es unser erklärtes Ziel, finanzielle Unabhängigkeit und Wohlstand für unsere Kundinnen und Kunden zu schaffen. Unabhängig von Status, Herkunft, Glaube, Geschlecht oder Alter. Als führende Bankengruppe entwickeln wir unserem Auftrag entsprechend unser Angebot weiter: von sozial und ökologisch verantwortlichen Finanzdienstleistungen zu finanzieller Gesundheit und Absicherung. Ich bin überzeugt vom Geschäftspotenzial der Erste Group, der Innovationsfähigkeit und Resilienz gegenüber Herausforderungen aller Art. Unsere Bereitschaft zu Transformation und Wachstum, der konsequente Fokus auf Digitalisierung und die Ausrichtung auf finanzielle Gesundheit in unterschiedlichsten Facetten macht uns zukunftsfit.
Die Erste Group hat 2022 mit einem Nettogewinn von EUR 2.164,7 Mio auf Basis eines sehr guten Betriebsergebnisses und niedrigerer Risikokosten ein erfreuliches Ergebnis erwirtschaftet und alle gesetzten Ziele erreicht. Die Kapital- und Liquiditätsposition der Erste Group ist weiterhin stark. Die Harte Kernkapitalquote belief sich zum Jahresende auf 14,2%.
Das wirtschaftliche Umfeld hat sich im Lauf des Jahres wesentlich verändert. Zu Jahresbeginn hatte sich eine solide Erholung unserer Region nach den Einschränkungen der Covid-19-Pandemie abgezeichnet. Die Kombination des Krieges in der Ukraine, der Folgeeffekte der Sanktionen, Unsicherheiten im Zusammenhang mit Gaslieferungen aus Russland und die Verwerfungen der Energiemärkte sowie die zeitweilig fortgesetzten Engpässe in den internationalen Lieferketten dämpften den Wirtschaftsaufschwung. Die Regierungen implementierten erneut Unterstützungsprogramme, diesmal um die deutlich gestiegenen Energiepreise abzufedern. Die gestiegene Inflation wirkte sich negativ auf Konsum und Investitionen aus. Da die Entwicklung im ersten Halbjahr über den ursprünglichen Erwartungen lag, wurden die Wachstumsprognosen für unsere Kernmärkte für 2022 trotzdem mehrmals angehoben. Beachtlich war die Stabilität der Arbeitsmärkte, die Arbeitslosenquoten lagen in allen Kernmärkten auf in langjährigem Durchschnitt niedrigem Niveau. Während die Zentralbanken in Tschechien, Ungarn und Rumänien bereits 2021 mit Zinserhöhungen auf den steigenden Inflationsdruck reagierten, hat die EZB im Juli die erste Zinserhöhung seit einem Jahrzehnt vorgenommen. Mit der fünften Zinserhöhung am 16. März 2023 liegen die Leitzinsen in der Eurozone nun bei 3,5%.
Wie hat sich dieses makroökonomische Umfeld auf die Erste Group ausgewirkt? Kurz zusammengefasst: Beide unserer wesentlichen Einkommenskomponenten entwickelten sich solide: Der Zinsüberschuss stieg um fast 20% auf EUR 5,95 Mrd – bedingt durch das robuste Kreditwachstum in allen Kernmärkten und die Zinserhöhungen, die sowohl in den CEE-Kernmärkten als auch in der Eurozone angesichts der Inflation höher als ursprünglich erwartet ausgefallen sind. Gleichzeitig erreichte der Provisionsüberschuss mit EUR 2,45 Mrd ein Rekordniveau. Der Anstieg von 6,5% ist umso bemerkenswerter, da die Ausgangsbasis aufgrund des dynamischen Wachstums der letzten Jahre bereits hoch war. Insbesondere Zahlungsverkehr und Vermögensverwaltung entwickelten sich trotz der getrübten Wirtschaftserwartungen und Volatilität auf den Kapitalmärkten positiv. Insgesamt erwirtschaftete die Erste Group Betriebserträge von EUR 8,57 Mrd und lag damit mehr als 10% über dem Vorjahr. Gleichzeitig haben wir unsere langjährige Kostendisziplin beibehalten. In diesem Zusammenhang ist es mir besonders wichtig, zu erwähnen, dass wir in unserem Digitalisierungsbestreben keine Abstriche gemacht haben. Ein anderer Kostenblock, der aufmerksam verfolgt wird – die für eine Bank typischen regulatorischen Kosten (Zahlungen in Abwicklungsfonds und Einlagensicherungssysteme sowie Banken- und Transaktionssteuern) – lag bei etwa EUR 470 Mio. Insgesamt sind die Kosten trotz des inflationären Umfeldes weniger stark als die Einnahmen gestiegen, um 6,2% auf EUR 4,57 Mrd. Die daraus resultierende Kosten-Ertrags-Relation von 53,4% ermöglicht uns, das Ziel mit 52% im Jahr 2024 noch ambitionierter festzulegen.
Die Kreditqualität hat sich 2022 nochmals verbessert, zum Jahresende lag die NPL-Quote der Erste Group bei 2,0% und damit am besten Niveau seit dem Börsengang im Jahr 1997. Die Risikokosten stiegen zwar an, blieben insgesamt betrachtet aber niedrig. Die Wertberichtigungen für Kreditrisiken waren maßgeblich durch die Aktualisierung der zukunftsgerichteten makroökonomischen Annahmen (FLIs) sowie die Berücksichtigung von Kreditrisiken auf kollektiver Basis für zyklische Industrien und energieintensive Sektoren zurückzuführen. Insgesamt wurden 2022 (netto) Vorsorgen im Ausmaß von ca. EUR 300 Mio gebildet; das entspricht einer Bevorsorgungsquote von 15 Basispunkten des durchschnittlichen Bruttokundenkreditbestands.
Trotz der Zinserhöhungen sowie der Wachstumsverlangsamung im zweiten Halbjahr war das Kreditwachstum der Erste Group außergewöhnlich, die Nettokredite stiegen um 12,1%. Besonders stark war im Geschäftsjahr 2022 das Wachstum im Firmenkundenbereich. Besonders nachgefragt waren Betriebsmittelfinanzierungen. Im Privatkundengeschäft ging die Nachfrage nach Wohnbaudarlehen vor allem in Österreich und Tschechien im zweiten Halbjahr spürbar zurück, teilweise bedingt durch die gestiegenen Zinsraten, teilweise durch strengere regulatorische Vorgaben.
Nicht unerwähnt bleiben soll eine klassische Stärke der Erste Group, die breit diversifizierte Einlagenbasis in allen Kernmärkten. Der Einlagenzufluss blieb auch 2022 ungebrochen stark, insgesamt stiegen die Kundeneinlagen um 6,4%. Aufgrund des Geschäftsmodells und der soliden Marktpositionen verfügt die Erste Group über einen hohen Anteil an granularen Privatkundeneinlagen, zum Jahresende 2022 fast 70% der gesamten Kundeneinlagen. Das Kredit-Einlagen-Verhältnis lag bei 90,2%.
Der Ausbau unserer digitalen Plattform George wurde fortgesetzt. Die Anzahl der digitalen Nutzer:innen und digitalen Transaktionen stieg kontinuierlich. Gruppenweit nutzten Ende 2022 bereits fast neun Millionen Kund:innen George. Der Anteil digital verkaufter Produkte lag im zweiten Halbjahr 2022 bereits bei über einem Drittel. In Österreich wurde der Roll-out von George Business, unserer Lösung für Firmenkunden, begonnen. Weitere Schwerpunkte im Bereich IT-Modernisierung sind Automatisierung von Transaktionen und Prozessen bzw. digitale Datenanalyse.
Besonders hervorheben möchte ich die Kapitalstärke der Erste Group. Eine starke Kapitalausstattung ist neben nachhaltiger Profitabilität deswegen so wichtig, weil sie die Grundvoraussetzung für das Wachstum und die Ausschüttungsfähigkeit der Bank darstellt. Die Harte Kernkapitalquote (Vollanwendung) lag mit 14,2% Ende Dezember 2022 auf einem hervorragenden Niveau und erheblich über unserem Zielwert von 13,5% sowie weit über der regulatorischen Mindestanforderung.
Für das Geschäftsjahr 2022 wird der Vorstand der Hauptversammlung eine Dividende von EUR 1,9 pro Aktie vorschlagen. Zusätzlich hat die Erste Group um regulatorische Genehmigung eines Aktienrückkaufs im Jahr 2023 mit einem Volumen von bis zu EUR 300 Mio angesucht.
Unsere strategischen Prioritäten auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit basieren auf der Überzeugung, dass dem grünen Wandel und sozialer Inklusion hohe Bedeutung für den langfristigen Wohlstand unserer Region zukommt.
Ich möchte an dieser Stelle einige unserer ESG-Ziele bzw. wichtige Meilensteine anführen: Als Mitglied der Net Zero Banking Alliance planen wir, bereits bis Ende 2023 den Betrieb der Erste Group klimaneutral zu gestalten, bis 2030 streben wir die Erreichung des Netto-Null-Betriebs an. Etwas mehr Zeit, bis 2050, benötigen wir für die Erreichung eines Netto-Null-Portfolios. Weitere Ziele sind für Social Banking und Diversität unserer Belegschaft definiert.
Weiterführende Informationen zu den Zielen sowie zahlreichen Nachhaltigkeitsinitiativen der Erste Group und verschiedenste ESG-Kennzahlen finden Sie im nichtfinanziellen Bericht, auch für das Geschäftsjahr 2022 ein Teil des Geschäftsberichts. Wir werden Sie in Zukunft verstärkt über für uns relevante ökologische, soziale und Governance-Themen informieren.
An dieser Stelle möchte ich einige Eckpunkte unseres Ausblicks für 2023 hervorheben. Im aktuellen Geschäftsjahr rechnen wir mit einer Verlangsamung des Kreditwachstums auf etwa 5%. Kombiniert mit dem höheren Zinsniveau in der Eurozone, sollte daraus ein Anstieg des Zinsüberschusses von etwa 10% resultieren. Für den Provisionsüberschuss rechnen wir mit einem Plus von etwa 5%. Auch unter Berücksichtigung der höheren Inflation erwarten wir 2023 für die Betriebsausgaben mit 7 bis 8% einen schwächeren Anstieg als bei den Betriebserträgen. Das für 2024 angestrebte Ziel für die Kosten-Ertrags-Relation setzen wir ambitionierter mit etwa 52% fest. Angesichts der guten Beschäftigungslage rechnen wir 2023 mit Risikokosten von maximal 35 Basispunkten. Schlussendlich sollte daraus eine weiterhin solide Eigenkapitalverzinsung (ROTE) von 13 bis 15% resultieren.
Es ist mir ein besonderes Anliegen, mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Erste Group für ihren persönlichen Einsatz zu bedanken. Unser gemeinsames Engagement und unsere Überzeugung haben uns geholfen, die Position der Erste Group im CEE-Raum weiter auszubauen. Es würde mich freuen, wenn auch heuer zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Erste Group das Mitarbeiteraktienprogramm nutzen und sie damit wie alle unsere Aktionärinnen und Aktionäre vom zukünftigen Erfolg der Erste Group profitieren können.
Willi Cernko e.h.
Management
Vorstand
Maurizio Poletto, Chief Platform Officer
David O‘Mahony, COO
Alexandra Habeler-Drabek, CRO
Stefan Dörfler, CFO
Willi Cernko, Vorsitzender des Vorstandes
Ingo Bleier, Mitglied des Vorstandes für Corporate Banking & Markets
(von links nach rechts)
Aufsichtsrat
Friedrich Rödler, Vorsitzender des Aufsichtsrats
Maximilian Hardegg, Erster Stellvertreter des Vorsitzenden
Elisabeth Krainer Senger-Weiss, Zweite Stellvertreterin des Vorsitzenden
Mitglieder:
Christine Catasta, Henrietta Egerth-Stadlhuber, Hikmet Ersek, Alois Flatz, Marion Khüny, Mariana Kühnel, Friedrich Santner, Michael Schuster, András Simor, Michèle F. Sutter-Rüdisser
Vom Betriebsrat entsandt:
Barbara Pichler, Martin Grießer, Andreas Lachs, Jozef Pinter, Karin Zeisel, Markus Haag, Regina Haberhauer
Erste Group am Kapitalmarkt
Nach zwei von der Corona-Pandemie geprägten Jahren stand 2022 ganz im Zeichen der Invasion Russlands in der Ukraine und deren weitreichenden Auswirkungen auf die globale Wirtschaftsentwicklung. Der signifikante Anstieg der Rohstoffpreise führte gemeinsam mit den bestehenden Lieferengpässen bei Rohstoffen und Vorprodukten zu einem Anstieg der Inflationsraten auf historisch hohe Niveaus, in den USA 9,1% im Juni und in der Eurozone 10,6% im Oktober 2022. Die Notenbanken reagierten auf dieses Umfeld mit mehreren deutlichen Zinsschritten. Vor dem Hintergrund anhaltend hoher Inflation, fortgesetzter restriktiver Schritte der Notenbanken, bestehender Lieferengpässe und der Energiekrise in Europa trübten sich die Aussichten für das globale Wirtschaftswachstum im Jahresverlauf ein. Während der Abschwung in den USA vor allem notenbankgetrieben war, belasteten in der Eurozone die stark gestiegenen Energiepreise und die Beschränkungen bei Erdgaslieferungen zusätzlich die Wirtschaft. Dieser Umstand spiegelte sich auch in der Schwäche des Euro wider, der erstmals seit 2002 zeitweise unter die USD-Parität fiel. Geopolitische Unsicherheit, gestiegene Inflationsraten, die Leitzinsanhebungen der Notenbanken und die Abschwächung der Weltwirtschaft führten zu einer zunehmenden Verunsicherung der Investoren und fortgesetzten Kursrückgängen an den Kapitalmärkten.
Schwieriges Börsenjahr
Nach der starken Entwicklung des Vorjahres lasteten der Russland-Ukraine-Krieg, die Unsicherheit über die Energieversorgung sowie die veränderte Inflations- und Zinssituation auf den Aktienmärkten. Steigende Renditen in den entwickelten Märkten, hohe Energiekosten und Inflation sowie die Aussicht auf eine Abschwächung der Wirtschaft trübten die Perspektiven zahlreicher Unternehmen ein und hatten eine kontinuierliche Abschwächung der Konsensus-Schätzungen für die Umsätze und Gewinne zur Folge. Trotz einer im letzten Quartal gezeigten leichten Entspannung bei Inflationsraten, Wirtschaftsindikatoren sowie Energiepreisen verzeichneten die beobachteten Indizes Kursrückgänge zumeist im zweistelligen Bereich. In den USA beendete der Dow Jones Industrial Average Index den Beobachtungszeitraum mit 33.147,25 Punkten, ein Rückgang seit Jahresbeginn um 8,8%. Der marktbreitere Standard & Poorʼs 500 Index ging im abgelaufenen Jahr um 19,4% auf 3.839,50 Punkte zurück und der Technologie-Index Nasdaq sogar um 33,1% auf 10.466,48 Punkte. In Europa verzeichnete der Euro Stoxx 600 Index einen Rückgang von 12,9% im Vergleich zum Ultimo des Vorjahres und beendete das Jahr 2022 bei 424,89 Punkten. Der Austrian Traded Index (ATX) büßte 19,0% ein.
Notenbanken leiten Zinswende ein
Die Zentralbanken befinden sich – verstärkt durch die anhaltende geopolitische Krise – im Spannungsfeld zwischen Inflationsbekämpfung und Stabilisierung von Konjunktur, Finanz- und Staatsschulden. Zur Senkung der anhaltend hohen Teuerungsraten haben die Notenbanken deutliche Zeichen gesetzt und ihre zuvor expansive Geldpolitik beendet. Dabei wurden auch negative ökonomische Effekte in Kauf genommen. Nach Zinserhöhungen in einigen CEE-Ländern und in Großbritannien hatte auch die US Federal Reserve (Fed) Mitte März den ersten Schritt eines Zinsanhebungszyklus gesetzt. Im Jahresverlauf erhöhte die Fed insgesamt siebenmal ihre Zinsen. Zum Jahresende lag der Zinssatz in der Spanne von 4,25 bis 4,50%. Etwas zeitverzögert beendete auch die Europäische Zentralbank (EZB) im Juli mit der ersten Zinserhöhung seit elf Jahren ihre seit sechs Jahren andauernde Nullzinspolitik. Die EZB erhöhte in insgesamt vier Zinsschritten den Leitzins zum Jahresende auf 2,5%. Beide Notenbanken haben eine Fortsetzung ihrer Zinserhöhungs-Zyklen zur Bekämpfung der erhöhten Inflationsraten angekündigt.
Rückgang des Wirtschaftswachstums
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Prognose für das Wirtschaftswachstum angepasst. Das globale Wachstum der Weltwirtschaft für 2022 wird mit 3,4% und für 2023 mit 2,9% erwartet, für die Eurozone 3,5% für 2022 und 0,7% für 2023.
Bankaktien im Spannungsfeld zwischen Inflation und Konjunkturaussichten
Unter dem Einfluss der vorherrschenden Rahmenbedingungen mussten auch Bankaktien zum Teil erhebliche Kursverluste hinnehmen. Trotz höherer Zinserträge in einem Umfeld steigender Zinsen haben die Sorge um Rückgänge der Kreditnachfrage und ein potenzieller Anstieg der Zahlungsausfälle Bankaktien unter Druck gesetzt. Der Dow Jones Euro Stoxx Banks Index, der die wichtigsten europäischen Bankaktien repräsentiert, ging im Beobachtungszeitraum um 4,6% auf 95,86 Punkte zurück.
Wiener Börse im Minus
Der heimische Aktienmarkt wurde aufgrund seiner starken Verflechtung mit Osteuropa stärker in Mitleidenschaft gezogen als andere Börsen. Nachdem der ATX im Vorjahr ein Kursplus von rund 39% verzeichnete, büßte er 2022 19,0% an Wert ein und gab somit stärker nach als im ersten Coronajahr 2020 (-12,8%). Zum Jahresultimo lag der Index bei 3.126,39 Punkten.
Schwieriges Umfeld belastet den Aktienkurs
Dem zweithöchsten Kursanstieg seit ihrer Börseneinführung 1997 im Vorjahr folgend musste die Aktie der Erste Group nach einem guten Start ins Jahr infolge der geopolitischen Entwicklungen deutliche Kursverluste hinnehmen. Der starken operativen Entwicklung, der vorteilhaften Kreditqualität und Risikokostenprognose wurde am Markt keine Rechnung getragen. Bestimmende Themen waren die makroökonomischen Entwicklungen (insbesondere BIP-Wachstum, Inflation und Arbeitsmarktdaten) und deren Einfluss auf die Ergebniskomponenten sowie die Einführung von Übergewinnsteuern. Erst im letzten Quartal des Beobachtungszeitraumes konnte die Aktie nach der Veröffentlichung der über den Erwartungen liegenden Ergebnisse, insbesondere des Nettozinsergebnisses, einen Teil der zuvor erlittenen Kursverluste wettmachen. Trotz dieser Zuwächse verzeichnete die Aktie der Erste Group im Vergleich zum europäischen Bankenindex einen überproportionalen Kursrückgang und lag mit einem Schlusskurs zum Jahresende von EUR 29,90 um 27,7% unter dem Wert zum Ultimo 2021. Der Tiefstkurs lag am 26. August bei EUR 21,66, der Höchstkurs wurde am 9. Februar bei EUR 44,98 erreicht.
Erste Group seit 25 Jahren an der Börse
Vor 25 Jahren, am 4. Dezember 1997, erfolgte der Börsengang der Erste Group, der mit einem Volumen von umgerechnet rund EUR 510 Millionen die bis dahin größte Aktienemission in der österreichischen Börsengeschichte war. Der Börsengang legte den Grundstein für das Wachstum der Erste Group in Zentral- und Osteuropa. Die aufgenommenen Mittel ermöglichten zudem Investitionen in Technologie und digitale Innovationen. Zusammen mit späteren Ergänzungsemissionen spielte der Börsegang eine Schlüsselrolle bei der Expansion der Erste Group von einer regionalen Sparkasse in Österreich zu einem führenden Finanzdienstleister in Zentral- und Osteuropa mit rund 16 Millionen Kund:innen in sieben Kernmärkten.
Mitarbeiteraktienprogramm
Die Erste Group hat im abgelaufenen Jahr ihren Mitarbeiter:innen erstmals das neue Mitarbeiteraktienprogramm angeboten. Mit der Teilnahme an diesem Programm partizipieren die Mitarbeiter:innen nicht nur direkt am Erfolg der Erste Group, sondern wurden auch zu Miteigentümer:innen ihres Unternehmens. 2022 haben rund 30.000 Mitarbeiter:innen an diesem Programm teilgenommen. Gleichzeitig wurde die Erste Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung gestärkt, in der die Stimmrechte der über das Mitarbeiteraktienprogramm erworbenen Aktien gebündelt werden.
Aktienanzahl, Marktkapitalisierung, Handelsvolumen
Die Anzahl der Aktien der Erste Group Bank AG blieb im abgelaufenen Jahr unverändert bei 429.800.000 Stück. Die Marktkapitalisierung der Erste Group lag mit EUR 12,9 Mrd zum Jahresultimo 2022 um 27,7% unter dem Wert des Jahresultimo 2021 (EUR 17,8 Mrd).
Die Erste Group notiert an den Börsenplätzen Wien, Prag und Bukarest, die Hauptbörse ist Wien. Dort lag im abgelaufenen Jahr das durchschnittliche Handelsvolumen bei 820.277 Aktien pro Tag.
Nachhaltigkeitsindizes und -ratings
Im VÖNIX, dem Nachhaltigkeitsindex der Wiener Börse, ist die Erste Group-Aktie seit seiner Gründung im Jahr 2008 repräsentiert. 2011 wurde die Erste Group-Aktie auch in den STOXX Global ESG Leaders Index aufgenommen, in dem auf Basis des STOXX Global 1800 die besten nachhaltigen Unternehmen weltweit vertreten sind. 2016 folgte die Aufnahme in die FTSE4Good Index Series, 2017 in den Euronext Vigeo Europe 120 Index. Darüber hinaus hält die Erste Group seit 2018 den Prime Status nach ISS ESG Corporate Ratings. Nach MSCI Rating ist die Erste Group mit AA eingestuft. Seit Februar 2021 stuft Sustainalytics die Erste Group mit niedrigem Risiko ein, wesentliche finanzielle Belastungen durch ESG-Faktoren zu erleiden. 2022 hat die Erste Group am CDP (Carbon Disclosure Project) Rating teilgenommen und ihre Nachhaltigkeitsmaßnahmen wurden mit B bewertet.
Die Dividendenpolitik der Erste Group ist an die Profitabilität, die Wachstumsaussichten und die Kapitalerfordernisse der Bank gekoppelt. Wir streben eine Ausschüttungsquote zwischen 40 und 50% an, basierend auf dem Nettogewinn, abzüglich der Kuponzahlungen für das Zusätzliche Kernkapital (AT1, Additional Tier 1).
Die 29. ordentliche Hauptversammlung wurde am 18. Mai 2022 erneut in virtueller Form abgehalten. Dabei wurde für das Geschäftsjahr 2021 die Auszahlung einer Dividende von EUR 1,60 je Aktie beschlossen, welche am 25. Mai 2022 erfolgte.
Trotz der gegebenen geopolitischen Unsicherheiten blieben die Ratings der Erste Group 2022 unverändert. Standard & Poor’s beließ das Rating bei A+/A-1, Moody’s bei A2/P-1 und Fitch bei A/F1, jeweils mit stabilem Ausblick.
Auch 2022 brachte im Hinblick auf die Kapitalmarktaktivitäten der Erste Group Neuerungen mit sich. Mit der dualen Emission von einem 6,5-jährigen und einem 15-jährigen Covered Bond (jeweils über EUR 750 Mio) zum Jahresbeginn 2022 eröffnete die Erste Group den europäischen Kapitalmarkt für Emittenten aus dem Finanzsektor. Die beiden Tranchen konnten mit -3bps über Midswap für die kürzere, respektive +5bps für die längere Laufzeit zu äußerst attraktiven Konditionen begeben werden. Ende des ersten Quartals 2022 folgte die Emission einer EUR 500 Mio Senior Preferred Benchmark mit einer 4-jährigen Laufzeit. Die vierfache Überzeichnung des Orderbuchs (gepreist bei MS+55bps) bestätigte unsere Entscheidung für eine kürzere Laufzeit im Vergleich zu vorangegangenen Transaktionen in einem schwierigen Marktumfeld.
In einem weiterhin volatilen Marktumfeld ermöglichten Ende Mai 2022 ausreichend stabile Rahmenbedingungen eine EUR 500 Mio Tier2-Anleihe (MS+255bps), die ebenfalls eine hohe Nachfrage generierte (Orderbuch über EUR 1,8 Mrd). Die letzte Benchmark-Anleihe folgte im September, wo wir mit einem EUR 750 Mio Hypothekenpfandbrief zum Pfandbriefmarkt zurückkehrten. Die 8-jährige Laufzeit bediente das noch nicht ausgenutzte mittlere Laufzeitenband und wurde bei MS+16bps emittiert.
Offene und laufende Kommunikation mit Investor:innen und Analyst:innen
Infolge der sukzessiven Aufhebung der coronabedingten Einschränkungen im Jahresverlauf konnten Banken- und Investorenkonferenzen ab dem zweiten Quartal nicht nur virtuell als Telefon- oder Videokonferenzen, sondern wieder vermehrt als Präsenzveranstaltungen abgehalten werden. Ein Großteil der Banken- und Investorenkonferenzen, organisiert von Bank of America, BNP Paribas Exane, JP Morgan, Kepler Cheuvreux, Barclays, Morgan Stanley, PKO, Société Générale Autonomous, Concorde, Pekao, HSBC, Deutsche Bank, mBank und Wood fand als Präsenzveranstaltung statt. Das galt auch für die Roadshow nach der Ergebnisveröffentlichung für das erste Quartal mit Investor:innen in Europa und Nordamerika Ende Mai sowie für die Herbst-Roadshow nach dem Ergebnis für das dritte Quartal im November, ebenfalls in Europa und Nordamerika. Das Management hat gemeinsam mit dem Investor Relations-Team insgesamt 250 Einzel- oder Gruppentermine wahrgenommen, bei denen die Strategie der Erste Group vor dem Hintergrund des aktuellen Umfeldes präsentiert und Fragen von Investor:innen und Analyst:innen beantwortet wurden. Auch der Dialog mit Anleiheinvestor:innen wurde bei insgesamt 48 Terminen weiter intensiviert. Bei Konferenzen, Roadshows und Investorentagen, veranstaltet von European Covered Bond Council (ECBC), Barclays, Bank of America, Citigroup, Danske Bank, Goldman Sachs, Morgan Stanley, ING und UBS fanden zahlreiche Einzelgespräche mit Analyst:innen und Portfoliomanager:innen statt. Auf der Internetseite http://www.erstegroup.com/ir werden umfassende Informationen zur Erste Group und zur Erste Group-Aktie veröffentlicht. Das Investor Relations-Team ist für Investor:innen und Interessierte auch auf der Social Media-Plattform Twitter unter http://twitter.com/ErsteGroupIR präsent. So erhalten interessierte Nutzer:innen laufend die aktuellsten Informationen über die Erste Group im Social Web. Nähere Informationen dazu sowie zum News/Berichts-Abo und Erinnerungsservice sind verfügbar unter https://www.erstegroup.com/de/investoren/ir-service.
Empfehlungen der Analyst:innen
Im Jahr 2022 veröffentlichten 22 Analyst:innen regelmäßig Berichte über die Erste Group. Folgende nationale und internationale Finanzanalyst:innen beobachteten die Erste Group Bank AG-Aktie: Autonomous, Bank of America, Barclays, BNP Paribas Exane, Carraighill, Citigroup, Concorde, Deutsche Bank, HSBC, JP Morgan, J&T Banka, KBW, Kepler Cheuvreux, mBank, Mediobanca, Morgan Stanley, PKO, Pekao, RBI, Société Générale, UBS und Wood. Zum Jahresende gab es von den Analyst:innen 17 Kaufempfehlungen, vier Neutralempfehlungen und ein Underperform-Rating für die Erste Group-Aktie. Das durchschnittliche Kursziel lag zum Jahresende bei EUR 40. Laufend aktualisierte Analystenschätzungen zur Erste Group-Aktie werden im Internet unter https://www.erstegroup.com/de/investoren/aktie/analystenschaetzungen veröffentlicht.
Erste Group seit 25 Jahren an der Börse
„Durch den Börsengang vor 25 Jahren wurde der Grundstein für eine Erfolgsgeschichte gelegt. Wir haben den richtigen Schritt gesetzt und über die Börse Kapital gesammelt für große Akquisitionen in der 2000er-Jahren. Dank dieser Expansion sind wir die größte Bankengruppe im östlichen Teil der EU geworden.“
Willi Cernko, CEO Erste Group Bank AG
Austria Stock Talk der Wiener Börse mit
Stefan Dörfler, CFO Erste Group Bank AG
* Vergleich seit IPO entfällt, da die Erste Group erst seit 16. Jänner 1998 im Index gewichtet ist.
IPO ... Initial Public Offering/Börseneinführung, SPO ... Secondary Public Offering/Kapitalerhöhung
1 Anteile Erste Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung, Sparkassenstiftungen im Syndikat, Eigenbestand der Sparkassen
2 Unbekannte institutionelle und private Investoren
3 Inkl. Market Makers, Prime Brokerage, Proprietary Trading, Collateral und Stock Lending. Positionen ersichtlich durch Banklisten bei Depotbanken.
Aktienchart
Wertentwicklungen unter 12 Monaten haben aufgrund der kurzen Dauer wenig Aussagekraft. Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Finanzinstruments zu. Daten 15 Minuten verzögert.
Quelle: FactSet